Followers

Sunday, October 22, 2006

Hier berichtet Marianne


Seit Dienstag bin ich zu Besuch bei Uta, Sebastian, Noa, Henri und Rosa. Ich habe es übernommen, den Report über die letzten vier Tage für den Blog zu verfassen. Das war vielleicht ein bisschen leichtsinnig – schließlich hat Uta Maßstäbe gesetzt, an denen ich mich nun messen lassen muss.

Die unangenehme Nachricht zuerst: Unser aller Freundin Anne, mit der ich eigentlich hierher reisen wollte, ist eine Woche vor der Abreise gestürzt und hat sich einen wichtigen Knochen gebrochen – drei Stunden, nachdem wir uns am Ende einer vergnügten Planungsrunde voneinander verabschiedet hatten, voller Vorfreude auf Pilanesberg und Potch und den anschließenden Trip nach Hermanus und Kapstadt. Ich muss wohl nicht beschreiben, wie traurig wir alle waren! Bis Anne wieder auf den Beinen ist, wird es etwas Zeit brauchen – und dann werden wir die gemeinsame Reise wiederholen – ich will ja sowieso nächstes Jahr noch einmal herkommen. Dieses Mal also nur Potch und Umgebung – ist mir auch recht!

Mein Flug mit British Airways hat wunderbar funktioniert, vor allem war es praktisch, dass ich schon 24 Stunden vor Abflug online einchecken und mir auf diese Weise Gangplätze sichern konnte. Mein Übergepäck wurde auch nicht beanstandet. Zwar hat mich eine sehr freundliche, aber ungemein dicke Lady neben mir etwas eingeengt. Aber die gemeinsam auf engstem Raum verbrachte Nacht war ihr womöglich unangenehmer als mir – und ich bin mir schon lange nicht mehr so schlank und zierlich vorgekommen wie neben dieser Dame aus Port Elisabeth, die gerade von ihren Enkeln nach Hause zurückflog.

Ich kam am Dienstag, den 17.Oktober in Johannesburg an – fast auf die Stunde ein Vierteljahr, nachdem wir uns in Berlin verabschiedet hatten. Uta erwartete mich am Flughafen und wir fuhren direkt nach Pilanesberg. Die drei Stunden bis dahin einschließlich einkaufen hatten wir für uns – und das war gut so.

Jede Menge neue Eindrücke schon während dieser Fahrt:

  • Linksverkehr (kannte ich zwar aus Irland, ist aber auch schon zwölf Jahre her. Ob ich das kann?)
  • Die Landschaft erscheint überwiegend rötlich – das ist der tonhaltige Boden. Sieht sehr schön aus, Uta berichtet aber, dass alle Mütter wegen der rotgefärbten Kinderkleidung stöhnen.
  • Viele Kilometer Fahrt durch Gebiete voller Wellblech- und etwas solideren gemauerten Hütten. Am Straßenrand oft Verkaufsstände. Aber angehalten wird hier nicht – jeder Reiseführer warnt davor, und die Bekannten von Sebastian und Uta sowieso.
  • Der Verkehr auf den Straßen (die unseren Schnellstraßen entsprechen) ist - sagen wir mal – temperamentvoll. Uta schei9nt dem gewachsen zu sein. Mein Respekt wächst.
  • Dann erstes Einkaufserlebnis: Wir packen den Wagen voll mit Gemüse, Grillfleisch und allem, was wir für drei Tage brauchen. Ich muss aufpassen, die Sachen nicht alle für spottbillig zu halten – wer hier wohnt, hat andere Maßstäbe. Personal gibt es noch und noch, einschließlich der Einpacker nach dem bezahlen. Fast alle schwarz natürlich.

Endlich Pilanesberg – ein relativ neuer Nationalpark in hügliger bis bergiger Landschaft, ziemlich groß und noch im Wachsen. Ich hatte schon von Berlin aus ein Doppelhäuschen im Bakgatla Resort gebucht – geht alles ganz prima übers Internet. Das Resort ist eine von zwei Ferienhaussiedlungen (Daneben gibt es noch Lodges, die aber ziemlich teuer sind). Bakgatla hat etwa 30 Doppelhäuschen auf großem Gelände mit Swimmingpools, Spielplätzen und allem, was man so braucht.

Uta und ich hatten gerade noch Zeit zum Aus- und Einräumen und dann kamen endlich Sebastian und die Kinder. Noa sprang mir auf den Arm, Henri drückte sich erst einmal verlegen weg und Rosa sah sich neugierig die fremde Frau an. Der Rest des Tages gehörte dem Wasser. Ein flacher und ein tieferer Pool, alles groß und fast menschenleer.

Noa schwimmt sicher, auch Henri - mit Hilfe der Bade-Nudel oder von Schwimmflügeln. Auch Rosa war bald begeistert: Erst sicher auf dem Arm, dann eigen-ständig im flachen Wasser. Alle drei sind fast nicht aus dem Wasser zu bekommen. Henri wurde nicht müde, rauszuklettern und wieder ins Wasser zu springen. Damit war klar: Tägliches stundenlanges Baden gehörte zum Pilanesberg-Programm.

Aber eigentlich waren wir ja wegen der Tiere da. In Pilanesberg gibt es die „Big Five“, also Elefanten, Giraffen, Löwen, Nashörner und Flusspferde. Irgendwie haben wir schließlich auch alle gesehen, manche allerdings nur als graue Punkte am Horizont (Löwen schlafen 16 Stunden täglich, und dies weit entfernt von den Wegen). immerhin gab es Löwenspuren auf dem Weg (siehe Foto). Am ersten Tag waren wir mit Fuhrmanns BMW (schönes Auto übrigens und so was wie Sebastians viertes Kind) im Park und haben auch bald Zebras und Giraffen gesehen und immerhin den Dung von Elefanten. Da wir aber spät aufgebrochen waren, machte die Hitze uns allen, auch dem Auto, etwas zu schaffen. Also Cola-Pause im Schatten – und hier hörte ich es zum ersten Mal: Who’s gonna taking Rosa? Who’s gonna taking Rosa? („Rosa“ mit englischem R gesprochen!) Noa wollte für die Cola die auf ihrem Schoß sitzende Rosa loswerden - auf Englisch. Ich war sehr beeindruckt, dabei war das nichts gegen ihre Englisch-Kaskaden, die ich später beim Spielen mit Ano und Ayo kennenlernte. Wirklich ein Wunder!

Zwischendurch half ich Noa bei den Schularbeiten. Sie hatte für Pilanesberg (großmamahalber) schulfrei. Ihre Aufgabe bestand darin, im Rahmen eines Wochenprogramms „Our Rainbow Nation. Culture Week in Grade 2“ die Herkunft der eigenen Familie zu beschreiben („Talk about your heritage, in other words where your family originates from“). Außerdem las sie mir seitenweise englische Texte und Gedichte vor, was ich im Übungsheft zu quittieren hatte.

Wir hatten mit Frühstück gebucht, konnten es uns also nach dem Aufstehen an einem schönen und reichhaltigen Buffet gut gehen lassen. Henri imponierten besonders die Saftbehälter, unter die man die Gläser hielt, um sie zu füllen, Rosa mochte es lieber, die Dekorations-Apfelsinen zu klauen und anzubeißen. Sie rennt sehr schnell weg, wenn man ihr etwas wieder abjagen möchte. Ansonsten kann sie sich bestens mitteilen, wenn sie etwas will. Vokabeln fehlen, aber sie verfügt über ein beachtliches Repertoire von Gesten – manche davon etwas, ja, so könnte man es ausdrücken: herrisch. Auch schlägt sie manchmal zu, wenn es sein muss. Ganz überwiegend aber ist sie wirklich süß – und witzig!

Für den nächsten Tag hatten wir einen Game Drive gebucht, also eine geführte Tour durch den Park im Jeep. Um sechs Uhr früh, da war es fast noch dunkel!!! Hat sich aber gelohnt. Die Attraktion war ein Elefant, der gemächlich und etwas arrogant unseren Weg kreuzte. Und dann gab es noch einen mindestens 30cm großen Tausendfüßer, elegante Hühner mit glitzernden Federn und blauem Kopf, gehörnte Tiere verschieder Art und einen Vogel, Falke wahrscheinlich, seltener jedenfalls zu sehen als Löwen. Etwas entfernter dann Nashörner. Am schönsten fand ich aber die Landschaft bei aufgehender Sonne. In dem schnellen Jeep war es durch den Fahrtwind ziemlich kalt. Der Jeep war für Henri interessanter als alle Tiere zusammen.

In der Nacht zuvor gab es ein starkes Gewitter: Mehrere Stunden lang, begleitet von ununterbrochenem starken Regen, ein Blitzen und Krachen, wie ich es mein Lebtag noch nicht erlebt habe. Irgendwann war Noa zu mir ins Bett gekrochen, Rosa und Henri haben durchgeschlafen.

Am Nachmittag wurde es noch mal interessant: Wir Erwachsenen machten gerade unsere Siesta, als Noa von draußen rief: Ein Affe hat eine Banane geklaut! Tatsächlich war eine Affenhorde zu Besuch auf unserer Terrasse und erwartete, mit Leckerbissen versorgt zu werden. Mehrere Affenbabies hatten sich am Bauch ihrer Mütter festgekrallt, während diese mit einem Affenzahn (daher also das Wort!) umhersprangen.

Die drei Pilanesberg-Tage waren schnell um, die Rückfahrt am nächsten Tag verbanden wir mit einem Abstecher nach Sun City. Doch davon im nächsten Bericht. Und vom ersten gemeinsamen Essen mit den Nachbarn in Potch. Und vom Gottesdienst in der reformierten Gemeinde (auf africaans!!!). Und von meiner ersten testfahrt im Linksverkehr.

P.S.: Ich verstehe jetzt, warum Uta und Sebastian manchmal mit dem Schreiben gar nicht nachkommen…

No comments: