


auf diesen Fotos ist unser neues Nachbarkind Nicca zusehen. Heute ist das Kricketspiel, aber wir gehen doch nicht hin. Ich bin heilfroh. Zwar gab es vorvorgestern dollen Regen und es hat sich etwas abgekühlt, nachts ist recht frisch, aber nun ist die Sonne gnadenlos, es gibt wenig Bäume. Die Vorstellung, sich mit Kind und Kegel in dieses Gewühle zu begeben behagt mir gar nicht. Bin heute schon 2-mal am Haupteingang vorbei gefahren, alle sonst leeren Parkplätze sind mit Parkwächtern ausgestattet und Hutverkäufer machen ihre Runden, Himmel und Menschen. Und Autos. Kricketfeld ist gleich neben dem Rugbyfeld, also auch sehr nah.
Das ist alles ein Vorgeplänkel auf nächste Woche: Artclub. Eben hat Seb losgeprustet, was das denn ist. Es heißt richtig aardklop, Erdklumpen. Sieh mal einer an. Ich schrieb schon mal kurz drüber. In der ganzen Stadt werden Bühnen aufgebaut, Lastwagen voll bepackt mit Stühlen fahren durch die Gegend, Jedes Haus richtet sich aus, das Gemeindehaus 2 Häuser weiter wird zum Restaurant, in unserer Umgebung muss man sich ein Passierschein besorgen, um nach hause zu dürfen.
Also so etwas wie Walpurgisnacht und Worldcup.
Roelin hat uns zum Urlaub in dieser Zeit gratuliert. Ich finde es ein bisschen schade, dass wir weg sind. Aber den ersten und letzten Sonnabend haben wir ja. Überüberübermorgen beginnt alles mit einem großen Jazzkonzert (auf dem Kricketfeld). Wir werden mit samt Ayo und Anu hingehen, weil Modupe zu einem Kongress ist. Anu sagte uns, wir sind fast wie Nigerianer, weil wir sie einfach mitnehmen. Afrikaaner würden dass nicht tun, Schwarze mit sich zu nehmen. Ich weiß ich nicht, ob das stimmt. Potch vor allem scheint als Kleinstadt etwas hinterher zu sein, was die Integration angeht.
Alles, was man hier kaufen kann ist entweder aus Südafrika und hat irgendwo die Flagge drauf und du wirst fürs kaufen gelobt oder es ist aus China. Wobei nach Roelin aus China zwei verschiedene Arten von Produkten kommen: Müll und Brauchbares. Den Unterschied zu erkennen ist wohl nicht einfach.
AM WE waren wir kurz in Rustenburg, um für die Kiepe (Tragegestell für Rosa) ein Sonnendach zu kaufen, weil sie sich alle Mützen und Hüte vom Kopf zieht. Da waren wir in einer riesigen Mall. Also so was gibt’s in Berlin nicht. Tausende Menschen da, das war wie eine Stadt für sich.
So, hier und da ein bischen geplappert, jetzt noch die von noa und mir verfasste Klassenmail. (Bitte den Kindern erst zeigen, wenn es in der Klasse angekommen ist):
„Liebe Leute aus der 3 c und aus dem Kolle-hort,
hier mal wieder Nachricht von mir aus Afrika.
Jetzt habe ich meine ersten Ferien verdient, und wir fahren in die Berge, dass hatte ich mir gewünscht, als ich so traurig war, aus Berlin weg zu müssen.
Meine beiden Nachbarskinder Anu und Ayo (8und 6 Jahre alt) kommen aus Nigeria. Das ist auch ein afrikanisches Land, aber liegt genau auf halbem Wege zwischen Deutschland und Südafrika. So riesig ist Afrika. Sie sind beide schwarz. Also haben dunkelbraune Haut. Ein Glück ist ihre Muttersprache auch englisch, aber ihre Großeltern und die Mutter Modupe, die mit meiner Mutter befreundet ist, sprechen noch Yoruba.
So sind wir hier zusammen Ausländer. Anu und Ayo sind aber schon seit drei Jahren hier und können uns viel erklären, was wir noch nicht wissen. (und fahren leider nächsten Mai wieder zurück, weil ihre Eltern dann hiermit der Arbeit fertig sind).
Hier in Südafrika gibt es nicht nur eine Sprache, sondern viele. Hauptsprache ist Englisch, also für die meisten Fernsehsender und Radiosender, die Politiker und Diplomaten. Aber es gibt noch Afrikaans, das ist eine Sprache so ähnlich wie Holländisch und wir von vielen weißen Menschen gesprochen, weil ihre Vorfahren aus Holland kommen (sind vor über 200 Jahren hier her gezogen) dann gibt es noch über 20 andere afrikanische Sprachen von den Schwarzen Menschen. Hier in der Gegend ist das setswana. Wenn man aber ein paar Stunden mit dem Auto fährt, ist es zulu oder sesotho oder xhosa.
Jedenfalls hat man dann hier ständig ein Sprachengewirr. In der Schule wird englisch gesprochen, aber in der Pause unterhalten sich manche Kinder auf setswana, manche auf afrikaans. Henri geht in einem Kindergarten, in dem afrikaans, also das holländisch, gesprochen wird.
Wir sprechen meistens englisch mit den Leuten, haben aber auch schon ein paar Wörther afrikaans und setswana gelernt.
Es gibt hier vieles, worüber ich euch schreiben will:
Das härteste ist gestern passiert. Hier gibt’s noch richtig schlimme Bestraffungen in der Schule. Wir saßen im Sportunterricht draußen auf der Wiese und waren nicht mucksmäuschenstill als die Lehrer kurz weg waren, da mussten wir, statt Hofpause zu haben, in der heißesten Sonne 10 großen Runden laufen. Viele haben geweint und mir hat sogar jemand erzählt, dass einer in Ohnmacht gefallen ist. Das andere Mal mussten wir in der Hofpause eine Zeit still stehen (auch in der Sonne), weil wir beim line up getrödelt haben. Line up ist, sich am Ende der Pause in 2 Reihen (eine Jungs und eine Mädchenreihe), vorm Klassenraum aufstellen.
Ansonsten haben wir auch viel zu lesen in der Schule. Mich ärgert ein bisschen, dass ich die erste Klasse Bücher lesen muss mit großer Schrift, aber mein Englisch ist ja auch so wie erste Klasse. Ich beeile mich ganz doll mit den Büchern, damit ich von dem Babykram wegkomme.
Von meiner Uniform wisst ihr ja schon.
Wir haben hier chairbags. Das sind Stuhltaschen, die über der Stuhllehne nach hinten runter hängen. So haben wir mehr platz auf dem Tisch aber müssen nicht dauernd in der Schultasche wühlen. (Bald schicke ich Euch mal Fotos.)
Übrigens geht die Schule hier schon 7.30Uhr los. Und ich bin in der 2 W.
Hier fängt die Klasse jetzt erst mit den Malfolgen an, allerdings geht’s nicht nur bis zur 10, sondern bis zur 12.
Und wir schreiben nicht mit Füller, sondern nur mit Bleistift.
Manchmal sehne ich mich nach Unterricht in deutscher Sprache und nach Euch und dass Jungs und Mädchen gemeinsam auf dem Schulhof spielen, und im Hort zu bauen. Und ich denke gern an die Ausflüge, an das schwimmen,…
Wie war die Klassenfahrt? Was macht Ihr zurzeit?
die herzlichsten Grüße an Euch, an Frau Zaumseil und Franzi und Marcus
Eure Noa
(und auch viele Grüße von Uta, die mitgeschrieben hat)“