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Saturday, August 05, 2006

Dienstag, 1.8.06 /Mittwoch, 2. August 2006




Heute gab es das erste Mal Regen. Aber richtig. Deshalb nachts und nächster Tag ungemütlich kalt. Henri läuft eigentlich nur noch barfuss. Trotz der unangenehmen Kälte(hatte ich vor ein paar Tagen behauptet, der Winter sei herrlich mild – so ist es jetzt unangenehmes „Novemberwetter“) und meiner Fragen aller 5 min ob ihm kalt ist und ich ihm Strümpfe anziehen darf, liegt er auf den kalten Fliesen rum und fühlt sich wohl (Ich teste seine Hände: Sie sind tatsächlich warm) Daneben sitzen seine Schwester und Mutter mit angeschnallten Wärmflaschen in Mänteln am Ölradiator.

Heute hat er sich draussen auf den Stuhl gesetzt und einfach eine Zeit lang den Wind angeguckt, bzw. die Pflanzen, die dieser bewegte. Wenn es so ist wie heute, könnte er noch eine Weile zuhause bleiben. Er hat die ganze Zeit zu tun, baut Höhlen, rennt herum und lächelt dabei vor sich hin, und hört natürlich Kassetten (noch gibt’s deutsche, bald ist die Schonfrist vorbei.)

Aber zwischendurch in Ningelphasen: „Mama, ich möchte wieder in Berlin wohnen, nicht zu den Potch-ef-stroom!“, ja, das zwickt, aber so was macht sich eben auch gut, wenn man keine Lust hat, sich die Schuhe zum Einkaufen anzuziehen und Kassette auszumachen.

Noa mit Talisman zur Schule: ein Ring am Finger (1 Woche gibt’s Ausnahme von Frau Wagner).

Trotz Kopfschmerz wirkte sie sehr zufrieden und fröhlich. Konnte Mathe schon mitmachen, viel gemalt. Modupe und wir teilen uns jetzt die Hin- und Herfahrerei. Damit war heute der erste Tag vom Alltag. Seb im Büro besucht und Fika und Esther hallo gesagt, Henri hat sich ein Blatt von Seb mitgenommen und war bei Esther und Fika auf der Suche nach einem Stempel. Fika hatte prompt noch einen alten, den er Henri geschenkt hat. Herni war in guter Laune und hat mir nachgesprochen: baaie dank u Fika! Der Stempel fährt jetzt immer im Fahrradkorb mit. Ich habe noch ein paar Avokados mit auf den Weg bekommen. Wahrscheinlich hat die auch jemand geerntet und gerade über, so wie man zur Saison bei uns Kirschen oder Pflaumen verteilt.

Ich bin immer wieder verblüfft, dass wir uns hier nur von einheimischen Obst und Gemüse ernähren, wenn ich die Bananen, Pampelmusen, Orangen, Birnen und Äpfel, Papayas auf dem Küchentisch sehe. Freut mich.

Man sagt ja, dass das Vitamin C von z.B. Orangen und Zitronen von Einheimischen in Deutschland gar nicht richtig aufgenommen werden kann und man lieber regionales Obst essen soll. Nun frag ich mich wie das mit uns jetzt ist: Können wir es jetzt verarbeiten/ brauchen wir eine Adaptationszeit oder wird das nie was/ oder ist das sowieso alles graue Theorie und Vitamine doch kosmopolitisch?

Rosa macht einen Infekt durch und es ist kaltes Wetter, da lässt die Inspiration mich hängen.

Jaja, ich weiß, ich bin den ersten Schultag noch schuldig.

Aber ich kann mich noch nicht entscheiden, was Tagebuch relevant ist, oder bin einfach zu faul, alles aufzuschreiben.

Never the less anyway once upon a time here you are- Dann mal ran: Noas erster Schultag:

Montag früh gibt’s in der Halle eine Andacht. Kinder treten klassenweise in 2er Reihen an. Eine Reihe Jungen, eine Mädchen. Dann wird klassenweise im Gänsemarsch in die Halle gegangen. Die jüngeren Jahrgänge sitzen alle auf dem Boden, geordnet natürlich. Bei uns gäbe es bestimmt mindestens fünf Elternbeschwerden, dass es zu kalt und zugig wäre.

Ich schreibe jetzt nicht die Einzelheiten auf. Nur soviel, dass ich während dieser 45 min daran dachte, wie traurig Noa (oder ich) sein wird, wenn sie hier wieder geht.

Während des Tages gab es viel, was mich an die Kollwitzschule erinnert hat, viel, was verschieden davon war. Fand bei beiden Vor- und Nachteiliges. Mir hat ganz schön der Kopf gebrummt, der erste Tag mitten in so einem komplexen System.

Klettergerüst ist über die Woche verteilt. Noas Klasse darf nur donnerstags rauf.

Jungen und Mädchen spielen auf getrennten Plätzen in der Pause, Kommentar: Die Jungen sind oft so grob. Ist ja was dran. Muss ich mal Noa fragen, wie sie das findet: sie findet es gut!

Nach der Pause, so ca. 3 min vor Stundenbeginn, sammeln sich wieder alle vor dem Klassenraum, 2 Reihen. Ältere Semester gehen rum und sorgen für Ruhe und Ordnung (s. Photo von Gestern), da sind sie nicht zimperlich und nehmen den Job auch gern Ernst, wie ich das gesehen habe.

Jede Klasse hat so 33 SchülerInnen, in Noas sind ca 8 helle Kinder, manche davon wie indischer Ursprung, manche strohblond, ob es unter den farbigen Kindern unterschiedliche Herkünfte gibt, muss ich mal erfragen.

Schulsport gab es früher mal, ist aber wegrationalisiert worden, und jetzt gibt es das kdp – kids development program, das 2 Mal in der Woche fakultativ eine halbe stunde vormittags stattfindet, und wofür die Eltern bezahlen. 160,- rand pro term (20 Euro). [Erinnert ein wenig an das Outsourcing bei unserer Gesundheitsreform.] Das Fach ist aber nicht auf Sport begrenzt, wirkt auf mich wie Psychomotorik, sensible Integration. Alle Kinder der Klasse bis auf 2 nehmen dran Teil. Am Montag gabs Tenniseinweisung: Vorhand und Rückhand.

Ich sehe die Lehrerinnnen und frag mich dann und wann wie bei uns: was haben sie früher für eine Rolle gespielt? (habe 2 Lehrer an der Schule entdeckt) alle LehrerInnen sind weiß, warum das so ist, möchte ich mal raus bekommen, denn ich glaube nicht, dass das beabsichtigt ist. Sowohl bei den Religionen als auch den Hautfarben wird großen Wert auf Respekt und Austausch gelegt und der gewählte Solgan ist: “Wir sind eine Regenbogennation“

Es wird nicht in Halbjahren gerechnet, sondern in Quartalen, so genannten terms. Schuljahr beginnt im Januar.

Das Schulgebäude (80 Jahre alt) ist eher ein Komplex und besteht aus mehreren Höfen mit Rundgängen. Die Türen der Klassenzimmer gehen immer direkt nach draußen und stehen während des Unterrichts offen, Rundgänge sind überdacht. Ganz hübsche Anlage.

Mein erster Tag mit Noa war schon so ähnlich wie Elternbesuch in Zaumis (Noas Lehrerin Frau Zaumseil) Klasse. Ich habe mitgemacht, Wörter in Ihre Vokabelhefte geschrieben (habe genauso viel gelernt wie sie). Kinder gingen und kamen von Förderunterricht. Alle hatten zu tun, die Wände sind voller Arbeitsschritte. Diese zwei Wochen sind Südafrikawochen, sodass ich neben Kontinenten, Ländern auch gleich die 9 Provinzen Südafrikas mitpauken konnte. Und Nkosisikelele wird auch geübt. Nach Noas Introduktion ergab sich noch eine Fragerunde, weil Frau Wagner raus musste. Es ging um den Worldcup, um Fernseher und Leinwände auf den Straßen, dass und warum um Himmels Willen es in Deutschland keine Schuluniformen gibt (Kommentar eines Mädchens: aber dann braucht man doch morgens so lange, um sich zu entscheiden, was man anzieht!), um die Namensänderung der Stadt, ob Noa schon Schreibschrift schreiben kann. In der Pause ging’s um deutsche Wörther und wie lustig es sich anhört, wenn ich mit Noa spreche, um Witze wie: „hau mich mal…, was habe ich gesagt?“ gibt’s hier alle auch. Also alle sehr süß, wir hatten Spaß miteinander, ein Kind meinte dann, dass ich ja auch bei Ihnen unterrichten könnte, hmm, schmeichel schmeichel.

Unter ihren Text gab es gleich 2 Smileys (hiesige Bienchen): einen von Mrs Wagner +“welcome!“ und einen von Mrs Hutton (Grundstufenkoordinatorin) +“we are so blessed to have you at our school!“.

Aber strenger ist es hier schon. Sei es, wie sauer die Lehrer werden, wenn nicht gehört wird oder wenn das line up zu lange dauert, oder geschnattert wird. Und wer in der Stunde aufs Klo muss, hat Pech gehabt. Trinken dürfen sie nur in der Pause… dass ist ja was, was Uta Fuhrmann gar nicht mag. Und wer seine Turnschuhe vergessen hat, muss eben barfuss auf den Sportplatz, uahh, kalt!

Ach und was ich ja herrlich finde ist der Respekt und Höflichkeit vor den Erwachsenen: Morning mám, excuse me maám [bzw. good afternoon, Sir – sf.], wenn du an Kindern auf dem Gang vorbei kommst. Es wirkt einfach sehr respektvoll. Ach das fehlt mir so in Deutschland. Muss ja nicht ma´am sein, aber (vielleicht auch nur in Berlin) zu Hause würde ich mir am liebsten öfter die Gören vorknöpfen und aufwecken, bei soviel Unaufmerksamkeit. Liegt es daran, wie die Erwachsenen mit Ihnen umgehen? Ich weiß es nicht, daraus könnte sich ein prima Forschungsauftrag ergeben. Vielleicht aber auch, dass es sich in Schuluniform schwerer unhöflich sein lässt: es ist ein herrliches Bild, wenn man die pubertären Semester geschniegelt auf dem Schulweg sieht: Schwarze Blazer mit orange Streifen, weißen Hemden und Krawatte, blank geputzte Lederschuhen.

Ich bin sehr für Schuluniformen. Meine Argumente erspar ich Euch.

Im flyer sind sowohl die Vision, die Mission als auch das Motto der Schule zu lesen. Wundervoll, unter so einem Kontext zu arbeiten. Alljährlich gibt’s das Jahrbuch für alle Klassen 1-3 zusammen, das sich sehr schön liest, habe gerade die letzten drei Jahrgänge ausgeborgt.

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